Interview mit Joachim Blank von der Internationalen Stadt
Berlin
Ende des vergangenen Jahrs wurde bekannt (siehe Telepolis-Bericht), daß die
Internationale Stadt Berlin <http://www.icf.de>
sich auflöst.
Diese Meldung kam für viele deutschen Netizens überraschend.
Wie das abrupte Ende von Howard Rheingolds "Electric Minds"
wirft auch die Auflösung der Internationalen Stadt die Frage auf,
ob damit das Konzept der "virtuellen Gemeinschaft" auf einer
WorldWideWeb-Basis per se als gescheitert zu betrachten ist.
"Telepolis" interviewte dazu Joachim Blank, einen der Gründer
der Internationalen Stadt, heute künstlerischer Mitarbeiter an
der Leipziger Hochschule für Gestaltung und Buchdruck <http://www.hgb-leipzig.de/>
. Außerdem betreibt er zusammen mit Karl-Heinz Jeron den Server "sero.org" <http://sero.org>
.
Hat die Internationale Stadt jemals wirklich als ein "sozialer
Zusammenhang" funktioniert?
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Joachim Blank: Vielleicht weniger sichtbar, wenn man sich von
außen den Webserver der Internationalen Stadt (I.S.) ansieht.
Allerdings haben wir die sozialen Kontakte innerhalb der I.S.
auch nicht gescannt. Auf jeden Fall war I.S. eine Art Ideenquelle
für andere Projekte in Berlin und lange Zeit der Kulturserver mit internationalem
Bekanntheitsgrad.
Auch Projekte wie das Clubnetz (ein Chat-Netz, das
verschiedene Berliner Diskotheken und Clubs miteinander
verband - Anm.) haben zu einer Art "digitalen Öffentlichkeit"
im lokalen Bereich beigetragen. Außerhalb des Netzes war die
I.S. - vor allem in den frühen WWW-Zeiten - ein Anlaufpunkt
für Netzaktivismus und- kultur in Berlin.
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Ist die Zeit der "virtual communities", die nach dem Vorbild einer
Stadt organisiert sind, vorbei, oder müßte man es heute nur
anders machen?
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Joachim Blank: Ich glaube, die Zeit ist vorbei. Ich gebe eher inhaltlich
hochspezialisierten Projekten eine Chance für den Aufbau einer
Community, und das gab es im Internet
zwischen Wissenschaftlern schon immer. Der lokale,
ortsbezogene Ansatz der I.S. oder anderer Digitaler
Städte funktioniert nur sehr eingeschränkt, weil die meisten
Nutzer daran kein Interesse haben. Im Internet Live-Bilder vom
Mars zu gucken ist eben interessanter als an irgendwelchen
basisdemokratischen Lokaldiskussionen teilzunehmen.
Jetzt können sich die Unternehmen die Zähne am Konzept der
Virtual communities mit Nutzer- und Käuferbindung und so
weiter ausbeißen. Nach wie vor halte ich die Oberfläche das
WorldWideWeb für kommunikative Aspekte für ungeeignet.
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Hätte eventuell Unterstützung durch den Berliner Senat dem
Projekt geholfen?
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Joachim Blank: Es wäre mit Sicherheit eine Hilfe gewesen. Der Senat
hatte aber an einem transparenten Bürgersystem nie Interesse.
Oder anders gesagt: Die I.S. hat Berlin international mehr
aufgewertet als Berlin die Internationale Stadt. ;-)
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Es gibt Gerüchte, dass Snafu jetzt die ganze Site der
Internationalen Stadt kaufen will. Was ist da dran?
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Joachim Blank: Hey, das fände ich gut, wenn der Preis stimmt. Mir ist
Derartiges nicht bekannt. Klar, die Leichenflederer sind natürlich
unterwegs. Mal sehen. Wahrscheinlicher ist, daß das I.S.-
WWW-System in einem Museum archiviert wird und damit der
Nachwelt erhalten bleibt. |
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