Auf dem Land




23.12.96

Pozarevac ist eine mittelgroße Stadt 80 km südöstlich von Belgrad,  
unter anderem auch die Heimatstadt von Slobodan Milosevic.

Hier ein Bericht aus SezamPro - einem Netzdienst aus Serbien - über die 
Lage heute in Pozarevac.
Der Bericht ist vom 23. Dezember 1996, der Tag vor der Gegendemonstration 
Milosevics in Belgrad.

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In Pozarevac waren auf dem Gegentreffen (der Milosevic-Anhänger) nicht 
mehr als 1000 Leute (RTK - die lokale Ferseh- und Radiostation - hat 
gemeldet, daß es 12000 gewesen wären).

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In Pozarevac und in Kostolac wird ungeheurer Druck auf die Arbeiter 
ausgeübt, auf diese Treffen zu gehen. Die Abfahrt der Autobusse ist für 
8 Uhr angekündigt. Es wird mit Entlassung gedroht, ich weiss sogar von 
einem Fall, wo einer Familie in einer Übergangswohnung mit dem 
Rausschmiss gedroht wurde. 
Auf der anderen Seite ist der moralische Druck auf die Leute nicht 
hinzugehen ebenfalls ungeheuerlich. Man hält es für eine unverzeihliche 
Schande in einen dieser Busse einzusteigen. Es gibt viele völlig 
verwirrte Leute, die nicht wissen, was sie tun sollen. Ich habe meiner 
Schwester vorgeschlagen, dass die Leute, die für die Opposition sind, 
sich zusammenschliessen und mit den gleichen Bussen fahren und sich dann 
uns anschliessen, wenn sie (in Belgrad) ankommen sind. 
Sie antwortete mir, dass das unmöglich sei, weil die Leute von den 
Balkons schauen, wer in die Busse einsteigt. Es wird eine Menge Busse mit 
Milosevic Bildern und Cetnik-Zeichen geben.

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Wieviel Menschen auch immer morgen gezwungenermassen auf das Treffen 
geführt werden, ich denke, dass man ihnen morgen aus dem Weg gehen 
sollte, um Zwischenfälle zu vermeiden. Diese Leute müssen morgen wieder 
zu ihren Häusern zurückgehen, und wir machen so weiter wie bisher.

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Ich würde mich gerne täuschen, insofern dass sich aus den möglichen 
Zwischenfällen das Ende dieser Schweineregierung entwickelt.

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Eine interessante Bemerkung meiner Schwester: "Wenn ich mir diese Schande 
erlauben würde, dann bliebe mir nur übrig, das Kozaracko Kolo zu tanzen 
und mich auf der Stelle umzubringen."
(Diese Bemerkung bezieht sich auf die Studentenproteste 1968, als Tito 
die Studenten mit Zugeständnissen ruhigstellte, die nie erfüllt wurden. 
Die Studenten tanzten daraufhin diesen bekannten Volkstanz)

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Morgen ist der Tag der möglichen Zusammenstösse in Belgrad.