Die Ermordung von Rosa und Karl

Vor 75 Jahren, am 15.1.1919, wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch Mitglieder der Garde-Schützen-Division ermordet. Rosa Luxemburg, geboren am 5.3.1871 als Tochter polnisch jüdischer Kaufleute in Polen, trat schon früh einem illegalen revolutionären Zirkel bei und floh noch nicht 18-jährig nach Deutschland. Mit ganzer Kraft engagierte sie sich in der deutschen Sozialdemokratie. Nach Ausbruch der ersten russischen Revolution ging sie illegal nach Warschau, wo sie 1906 verhaftet wurde. Schon Jahre vor Ausbruch des ersten Weltkrieges sah Rosa Luxemburg die Ereignisse voraus und versuchte den Kampf gegen Krieg und Militarismus zu organisieren. Karl Liebknecht, geboren am 13.8.1871 in Leipzig, war Mitglied des linken Flügels der SPD und wurde 1912 in den Reichstag gewählt. Als einziger Abgeordneter lehnte er 1914 und 1915 die Kriegskredite ab. 1916 wurde, Karl Liebknecht und andere Abgeordnete aus der Fraktion der SPD ausgeschlossenen. Als Reaktion darauf gründeten sie zusammen mit Rosa Luxemburg am 6.3. 1916 den Spartakusbund (die spätere KPD). Nach einer Kundgebung gegen den Krieg wurde Karl Liebknecht zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Auch Rosa Luxemburg mußte nach einer gerade abgesessenen Haftstrafe am 10.7.1916 erneut ins Gefängnis. Im Oktober 1918 wurde Liebknecht begnadigt, erst am 9.11.1918 öffneten sich die Gefängnistore auch für Rosa Luxemburg. Wärend der Kämpfe um das besetzte Zeitungsviertel Anfang Januar 1919 wurde in Flugblättern zum Mord an den FührerInnen des Spartakusbundes aufgerufen. Kopfpreise von 100.000 Mark waren auf die Ergreifung von Luxemburg, Liebknecht und Karl Radek ausgesetzt. Inwieweit daran auch der "Helferdienst der SPD, Sektion 14" beteiligt war, ist nie eindeutig geklärt worden, ebensowenig, was die Regierungsspitze wußte und billigte. Am 13. Januar 1919 bezog der Divisionsstab der Garde-Schützen-Division aufgrund eines Geheimbefehls von Gus-tav Noske Räume im Edenhotel. Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Wilhelm Pieck wurden am 15.1.1919 von der "Wilmersdorfer Bürgerwehr" verhaftet und dem Divisionsstab im Edenhotel übergeben. Nach einem Verhör durch den ersten Generalstabsoffizier Hauptmann Papst zerrte man Liebknecht in ein bereitstehendes Auto, angeblich um ihn in das U-Gefängnis Moabit zu bringen. Am Neuen See im Tiergarten mußte Liebknecht aus dem Auto zu steigen und zu Fuß weitergehen. Nach wenigen Schritten wurde er erschossen. Rosa Luxemburg führte man, nach einem kurzen Verhör durch Papst, aus dem Hotel und schlug sie mit einem Kolbenhieb nieder. Man schleifte die Ohnmächtige in ein Auto und schoß ihr während der Fahrt eine Kugel in den Kopf. An der Lichtensteinbrücke wurde die Leiche von Rosa Luxemburg in den Landwehrkanal geworfen. Am nächsten Tag hieß es in der "amtlichen Darstellung", die von den Verantwortlichen im Edenhotel abgegeben worden war, Karl Liebknecht sei von einer wütenden Menschenmenge vor dem Hotel mißhandelt und anschließend auf der Fahrt nach Moabit bei einem Fluchtversuch erschossen worden. Rosa Luxemburg wurde angeblich, trotz "heftigster Bemühungen" der Begleitmannschaft, von derselben Menschenmenge mißhandelt und entführt. Obwohl in den nächsten Tagen Artikel in der "Freiheit" und der "Roten Fahne" die tatsächlichen Vorgänge im wesentlichen aufdeckten, sah sich die Regierung nicht veranlaßt, die "amtliche Darstellung" zu korrigieren. Die "Wahrheitsfindung" überließ man derselben Division, der auch die Mörder angehörten. In einem Prozeß vor dem Kriegsgericht der Garde-Schützen-Division wurden lediglich drei der Beteiligten, mit niedrigen Diensträngen, zu geringen Haftstrafen verurteilt. Hauptmann Papst rechtfertigte noch 1962 die Morde in einer Zeitung. Als sich das Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung dessen Darstellung zu eigen machte, erstattete die Witwe Liebknechts Anzeige wegen Verherrlichung von Mord. Die Staatsanwaltschaft München stellte das Verfahren mit der Begründung ein, bei den Äußerungen Papsts handle es sich um ein "Werturteil über historische Vorgänge".