Peter-Paul Zahl
DAS ENDE DEUTSCHLANDS
(Originalausgabe, 1997)

Was heute noch wie ein Märchen klingt... Aber wer hätte es beispielsweise vor einigen Jahren noch von Jugoslawien geglaubt? Peter-Paul Zahl unternimmt in seinem Buch weder einen Ausflug in unendliche Weiten noch in eine ferne Zukunft. Er läßt seine Phantasie lediglich nach Mitteleuropa am Anfang des kommenden Jahrhunderts schweifen. Und er prophezeit für diese Jahre nichts weniger als das Ende Deutschlands.

Den Anfang macht der Münchener Freistaat. Die dickfelligen Bajuwaren sind es leid, den durch die Bundesregierung erträumten "Aufschwung Ost" endlos mitzubezahlen, und erklären ihre Sezession aus dem Bund. Die friesischen Inseln schließen sich an. Montagsdemos in Mannheim und Ludwigshafen. Sachsen wird Räterepublik, Mecklenburg Großherzogtum. Hamburg, Wismar und Nishni Nowgorod gründen die Hanse neu. Die Badenser entdecken ihr Identität als Alemannen, verlangen eine Wiedervereinigung mit der nördlichen Schweiz und betrachten Württemberg als Erbfeind. In Hessen bekämpfen sich schiitische und sunnitische Fundamentalisten im Namen des Einzig Wahrhaftigen. Der Erzbischof von Fulda konvertiert. Unter Führung Berlin-Kreuzbergs gründet sich eine "Assoziation Freier Kommunen". Das friesische Atom-U-Boot "Aurora III" beschießt vom Spreeufer aus den Reichstag. Der Innenminister putscht sich an die Macht und geht ins weißrussische Exil...

In dieser Zeit allgemeinen Zusammenbruchs sitzen einige übriggebliebene Beamte der Abteilung Terrorbekämpfung im funktionslos gewordenen Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Computertechnik, Fax- und Telefonnetz brechen zusammen, lediglich der Kantinenbetrieb funktioniert noch. Frustriert über den unerwarteten Karriereknick, arbeiten sie in dem hermetisch von der feindlich gesonnenen Umgebung abgeschirmten Gebäude lustlos an ihrem letzten Fall: dem mysteriösen Massensterben von Schutzhäftlingen im Toten Trakt des Staatsgefängnisses. Bis dann die Paranoia auch in diesem letzten gesamtdeutschen Rudiment immer mehr um sich greift...

Dies boshaft und unterhaltsam geschriebene Buch stellt jedoch kein Untergangsszenario dar. Denn in dem überraschenden Schluß macht der Autor den Lesern augenzwinkernd klar, daß auch überaus unangenehme Zeitläufe durchaus ihre positiven Seiten haben können.

Literaturpapst Reich-Ranicki soll, behauptet der Verlag, das Buch als ein "übles Machwerk" tituliert haben. Mir gefällts

Karin Kramer Verlag Berlin, 125 Seiten, DM 22.00 Gerd Bedszent