Howard Waldrop
IHRE GEBEINE
(Them Bones, 1984)

Ein Zeitreiseroman, soso. Und zwar ein typisch amerikanischer. Wobei ich nicht sagen will, daß es typisch amerikanische Zeitreiseromane gibt. Typisch amerikanische Buchinhalte aber sehr wohl. Zum ersten haben wir hier einen Trupp GIs, die aus einer ziemlich düsteren Zukunft in die Vergangenheit versetzt wurden, um den Verlauf der Geschichte zu ändern. Zum zweiten ist der einzige von diesen GIs der sich direkt im Buch äußert, wenn auch nur in Tagebuchform, ein weiblicher GI. Zum dritten treffen diese GIs auf Indianer. Na, wenn sich daraus kein konfliktträchtiger Roman schreiben läßt...

Aber jetzt wird's verwirrend.Ein einzelner, als Vorhut vorausgesandter Mann, der mit seinem Pferd eigentlich irgendwann zur Zeit der amerikanischen Südstaaten landen sollte, findet sich plötzlich im Delta des Mississippi wieder, als dieser noch Mes-A-Sepa heißt und die Indianer sein Pferd für einen etwas zu groß geratenen Hund halten. Er lebt fortan bei einem freundlichen kleinen Stamm und wundert sich überhaupt nicht, daß dieser einen Dolmetscher hat, der griechisch spricht. Außerdem treibt man schwunghaften Handel mit arabischen und nordischen Händlern, die den Mississippi auf einem Schaufelraddampfer auf- und abfahren. Parallelwelt? Mag sein. Die Überreste der GIs, ihrer Pferde und ihrer Waffen treiben jedoch amerikanische Archäologen des Jahres 1929 unserer Zeitrechnung zur Verzweiflung.

Wer jetzt anfängt zu gähnen, der sollte nicht so voreilig sein. So ausgelutscht das Thema auch erscheinen mag, umso erfrischender ist der Stil, in dem das Buch geschrieben wurde. Völlig unbekümmert läßt Waldrop seine präkolumbianischen Indianer im herrlichsten Gegenwartsslang daherreden und bringt Zeitströme durcheinander, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Man sollte sich jedoch nicht von dem etwas mißratenen Titelbild abschrecken lassen.

Heyne 06/5494, 236 Seiten, DM 12.90 Volker Eschenbach