Robert Vito [Hrsg.]
DAS GROSSE HORROR-LESEBUCH IV
(Originalausgabe, 1995)

An dieser Stelle haben wir bereits frühere Ausgaben der Horror-Lesebücher vorgestellt und eigentlich ist es nicht unsere Art, Serien zu besprechen. Diese Lesebücher sind jedoch gegenüber anderen Anthologie-Reihen, insbesondere im Horror-Genre, eine große Ausnahme. Kaum ein Herausgeber versteht es so gut, ein so große Anzahl guter Texte zu sammeln und aktuelle Trends zu erkennen wie der in Amerika lebende Robert Vito, der für Goldmann diese Originalanthologien zusammenstellt.

Die neunzehn Geschichten decken ein breites Themenspektrum ab: Vampire, Sex, Nekrophilie, Sex, Zombies, Sex, Massenmord und nochmal Sex. Einige Texte gehören zum Besten, das ich in den letzten Jahren gelesen habe, so zum Beispiel Mr. Wrong von Elisabeth Jane Howard, worin einer alleinstehenden und sexuell frustrierten jungen Frau ein Geist begegnet, der in einem Gebrauchtwagen steckt. Nancy Collins' Geschichte Aphra ist ein meisterhafter Balanceakt: eine fast romantische, logische und glaubhafte Story über die (auch körperliche) Liebe zwischen einem Mann und dem Skelett einer verstorbenen Frau. Reichlich abgedreht ist Fette Schuhverkäufervergewaltigerinnen von Richard Sutphen, worin drei fette, häßlich Weiber, die aufgrund ihrer Leibesfülle keinen Mann abbekommen, einen jungen Schuhverkäufer kidnappen - und natürlich mißbrauchen. Daß Horror auch teilweise politisch sein kann, beweist Kim Newman in der mit dem British SF Award ausgezeichneten Geschichte Die Rückkehr des Dr. Shade. Höhepunkt der Anthologie ist jedoch Dan Simmons exotische und geheimnisvolle Story Tod in Bangkok, die mit dem Bram Stoker Award ausgezeichnet wurde. Mystisch und doch modern erzählt der Autor eine höchst erotische Vampirgeschichte. Die restlichen Texte kann man mit gut bis hervorragend einschätzen. Nur sollte man Robert Vito untersagen, zu den Geschichten Einleitungstexte zu schreiben, denn diese sind zuweilen unerträglich, was den Gesamteindruck des Buches jedoch kaum schmälert.