Barbara Slawig
FLUGVERBOT
(Originalausgabe, 1997)

DDR-SF-Belesenen mag dieser Roman ein Deja-vu bescheren: Ein Untersuchungsbeamter wird auf eine abgelegene Station im Raum geschickt, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er trifft dabei auf alte Helden und undurchsichtige Wissenschaftler, wie auch auf eine fremdartige nichtorganische Lebensform, deren Rätsel die Forscher zu ergründen suchen. In Rainer Fuhrmanns Roman Die Untersuchung waren es Siliziumkristalle, bei Barbara Slawig sind es die Lebenden Steine. Ansonsten aber sind keine weiteren zufälligen Ähnlichkeiten zwischen beiden Büchern zu erkennen.

JARGUS II ist eine Außenstation der Kolonisten des Planeten Volga. Nach einem langen Krieg mit der weitaus größeren Kolonisten-Allianz SYNARCHON (deren ,Hauptwelt' die Erde ist) ist endlich ein wackliger Friedensschluß zustande gekommen. Kommissar David Woolf soll nun auf JARGUS II einschätzen, ob eine beschränkte technologische Zusammenarbeit mit dem SYNARCHON unbedenklich ist. Deren ANAC-Computer sind weitaus leistungsfähiger als vergleichbare volganische Technik. Doch auf JARGUS II gerät er zwischen die Fronten der zerstrittenen Platzhirsche: des tyrannischen Kommandanten Oberst Strogoff und des Wissenschaftlers Dr. Zimack. Zu allem Überfluß kommt ihm auch noch die vermeintliche Schmugglerin Jeanne Andrejew ins Gehege, die auf JARGUS II in die Hände Strogoffs geriet und nun Flugverbot hat. Jeanne ist die zweite Hauptprotagonistin des Romans und kämpft gegen Engstirnigkeit und Vorurteile vor allem der männlichen Bewohner der Station. Kommissar Woolf sieht sich einem fast unentwirrbaren Geflecht persönlicher und politischer Konflikte, alter Fehden und raffinierter Sabotage gegenüber.

Flugverbot braucht eine Weile, bis die Handlung in Fahrt kommt. Die Autorin nimmt sich Zeit, ihre Charaktere zu vertiefen und den Hintergrund - den Krieg zwischen SYNARCHON und Volganern - zu beleuchten. Gut/Böse-Schemata läßt sie nicht gelten. Während der Leser/die Leserin also im ersten Teil des Buches einiges an Durchhaltevermögen beweisen muß, um alle Beziehungen zwischen dem guten Dutzend handelnder Personen zu verinnerlichen, gewinnt die Handlung im zweiten Teil sichtlich an Tempo und Spannung. Das Dickicht der falschen Spuren lichtet sich, die Auflösung manchen Rätsels ist überraschend und originell. Der literarische Reiz des Buches erschließt sich vermutlich erst beim zweiten Lesen zur Gänze, wie eine Blütenknospe erst reifen muß, bis sie sich zur Blume entfaltet.

Paperback, Eigenverlag Barbara Slawig, 232 Seiten
Eigenverlag Barbara Slawig, Lefevrestr. 29, 12161 Berlin
Siegfried Breuer