Robert Silverberg
DAS LAND DER LEBENDEN
(To the Land of the Living, 1990)

Dieser Roman ist, wie schon frühere Werke Silverbergs, eine Bearbeitung einer Jahre zuvor erschienenen Novelle. Die ersten 100 Seiten sind nahezu identisch mit Gilgamesch im Outback (enthalten in Heyne SF-Jahresband 1988; H_4477). Die Idee ist nicht neu, denn man kennt sie bereits von Farmers Flußwelt-Zyklus. Das Buch spielt in der Nachwelt, also dem Jenseits oder wie man es auch immer bezeichnen mag. Niemand weiß, wie er dorthin gelangt ist oder wie lange er dort sein wird. Außerdem scheint die Nachwelt beinahe unendlich groß zu sein. Held der Handlung ist König Gilgamesch, der auf seinen Reisen verschiedenen Persönlichkeiten der Geschichte begegnet: so zum Beispiel Lovecraft, Robert Howard, Hemingway, Julius Caesar, Picasso oder Albert Schweitzer. Gilgamesch ist schon so lange in der Nachwelt, daß ihn die Erfindungen und die Technik der späteren Toten nicht interessieren. Er will nur seinen Freund Enkidu wiederfinden. Andere haben jedoch machtgierigere Interessen. Und so gibt es auch in der Nachwelt Kriege und Staaten. Es gibt Konflikte zwischen den früheren und den späteren Toten und zwischen einzelnen Herrschern, seien es nun Elisabeth I. oder Lenin, Mao oder Caesar. Nach den bereits aus der Novelle bekannten Kapiteln hatte Silverberg scheinbar zunächst keine zündenden Ideen, denn Gilgamesch zieht mit seinem wiedergefundenen Enkidu ziellos durch das Outback, um ihn erneut zu verlieren. Ein machtgieriger Herrscher engagiert Gilgamesch, um das legendäre Uruk in der Totenwelt zu finden, was ihm schließlich auch gelingt. Und hier wird das Buch wieder interessanter, erfährt man doch einige geschichtliche Details und die Handlung wird beinahe spannend.

Für Fans von Silverberg ist dieses Buch fast Pflichtlektüre, ist es doch weitaus besser, als die in den letzten Jahren erschienenen Romane.

Heyne 060/5542, 446 Seiten, DM 16.90 Hardy Kettlitz