Terry Pratchett
ALLES SENSE
(Reaper Man, 1991)

Gevatter Tod - der Allgegenwärtige und Ewigbeschäftigte - wird plötzlich pensioniert. Dieser skurrile Einfall gerät dem Autor zum Aufhänger für zwei völlig unterschiedliche Geschichten. Da ist zunächst die Geschichte vom unermüdlichen Arbeitstier, das sich mit dem Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, nicht abfinden kann. Der arbeitslose Sensenmann begibt sich auf Jobsuche und verdingt sich als Knecht auf einem Bauerngehöft. Doch auch hier sind die beruflichen Aussichten nicht gerade rosig, doch schon erprobt der Dorfschmied den ersten Mäherunddrescher. Der neue Tod hingegen präsentiert sich als angepaßtes Mitglied der modernen Gesellschaft, ein arrogantes Ekel mit ausgeprägtem Hang zur Selbstdarstellung, dem der Stil und das Einfühlungsvermögen seines Vorgängers völlig abgehen. Da entschließt sich der alte Gevatter, das Feld nicht kampflos zu räumen.

Mehr Action bietet der zweite Handlungsstrang. Solange der neue Tod sein Amt nicht angetreten hat, kann niemand sterben; immer mehr Untote jeglicher Couleur bevölkern Ankh-Morpork. Eine Gruppe dieser Wesen rettet die Stadt schließlich vor der Vernichtung durch eine der bedrohlichsten Existenzformen, die je das Licht der Scheibenwelt erblickte: ein riesiges, sich selbst organisierendes Kaufhaus, das in der Lage ist, jeglichen gesunden Menschenverstand zu paralysieren. Im doppelten Showdown unterliegt das Bedrohliche; auf den ersten Blick ein Happy End. Der Status quo bleibt erhalten, Tradition und Individualität siegen einmal noch über die seelenlose Oberflächlichkeit des heraufziehenden Industriezeitalters.

Eine brillante Tragikomödie und vor allem ein sehr erfreulicher Einbruch der Realität ins Ghetto der Fantasy. Intelligente Unterhaltung voller Denkanstöße.

Goldmann 41551, 286 Seiten, DM 12.00 schl