Gentry Lee
BOTEN DES LICHTS
(Bright Messenger, 1995)

Daß Gentry Lee diesen Roman unbedingt im Rama-Universum spielen lassen wollte, hat wohl eher etwas mit den gewünschten hohen Verkaufszahlen zu schaffen, als mit literarischer Notwendigkeit. Auch die rund 500 Buchseiten lassen genügend Platz für liebevoll gepflegte Geschwätzigkeit, welche die recht linear gezeichnete Handlung des Buches begleitet.

Gentry Lee beschreibt eine düstere Zukunft unserer Welt. Im England des Jahres 2141 ist das Sozialsystem gänzlich zertrümmert und soziale Unruhen bedrohen das Land. Eine Art religiöse Gemeinschaft versucht mit seinen freiwilligen Mitarbeitern die Armut zurückzudrängen und bietet Unterkünfte, Hilfe bei der Jobsuche und viele andere Dinge. Lee beschreibt die Geschichte überwiegend aus Sicht einer dieser Gemeinschaft angehörenden Ordensschwester, welche mit viel Selbstaufgabe gegen die übermächtigen Probleme antritt. Nachdem die Ordensschwester Zeuge einer merkwürdigen kosmischen Lichterscheinung wird, läßt sich der Autor viel Zeit, um seine Geschichte zu entwickeln, die erst in der zweiten Hälfte des Buches an Tempo gewinnt, um in einem kosmischen Finale und einem Kontakt mit Aliens den Höhepunkt zu erreichen. - Erwähnenswert in Boten des Lichts ist besonders die sozialkritische Sichtweise des Autors und die glaubhafte Charakterzeichnung der Ordensschwester, welche zwischen den anwachsenden Widersprüchen in der Gesellschaft hin- und hergerissen ist. Gentry Lee nutzt mit dieser besonderen Persönlichkeit die Möglichkeit, eine interstellare Kontaktaufnahme gleichzeitig aus philosophisch/religiöser und sachlich/wissenschaftlicher Sicht darzustellen. Um so bedauerlicher ist es, daß dem Buch ein halbwegs origineller phantastischer Einfall fehlt, um es deutlicher aus der Flut durchschnittlicher Science Fiction herauszuheben.

Bastei-Lübbe 24 222, 506 Seiten, DM 14.90 Gerd Frey