Stephen King
THE GREEN MILE
Band 1: Der Tod der jungen Mädchen
(The Green Mile - The Two Dead Girls, 1996)

Der neueste Roman von King wurde von einem unglaublichen Werberummel begleitet: Poster, Werbeaufsteller, Lesezeichen, sogar ein Gewinnspiel. Grund dafür ist eine neue Marketingidee, das sogenannte Chapbook. Knapp hundert Seiten mit riesengroßer Leselernschrift für nur 5 Mark. Sinn dieser Publikationsart ist es, laut King, daß man nicht das Ende vorher lesen kann. Außerdem wären damals die Romane von Dickens auch in ähnlichen Fortsetzungen erschienen. Rechnet man aber mal den Umfang der bis August erscheinenden sechs Teile zusammen, so kommt man auf ein durchschnittlich dickes Taschenbuch, für das man insgesamt 30 DM löhnen darf, wenn man denn gewillt ist, tatsächlich das Ende zu erfahren.

Aber was geschieht eigentlich? Die Green Mile ist der mit grünem Linoleum ausgelegte Flur im Todestrakt eines amerikanischen Gefängnisses, an dessen Ende man entweder links herum auf den Hof oder rechts herum zum elektrischen Stuhl gelangt. Der Erzähler ist ein alter Gefängnisaufseher, der von seinem Leben und seinen Gefangenen erzählt. Daß die Erzählweise behäbig und dröge ist, kann man vielleicht auf die entsprechenden Eigenschaften des Protagonisten schieben, aber daß King es kaum schafft, neugierig auf dem Fortgang der Geschichte ist machen, ist geradezu bedenklich. Schließlich war lange Zeit der Meister im Erzeugen von Spannung. Wahrscheinlich wäre das Buch ohne die Marketingidee als normale Roman erschienen, denn King wäre erfahren genug, am Ende eines ersten Teils einen anständigen Cliffhanger zu konstruieren. Aber vielleicht wird's ja noch ...?

Bastei-Lübbe 13950, 95 Seiten, DM 5.00 Hardy Kettlitz