Klaus Frühauf
FINALE

Entsprechend dem Buchtitel geht es in dem sehr spannenden, hauptsächlich in Deutschland spielenden Episodenroman um ein Finale, genauer gesagt, um den finalen Todeskampf der Menschheit. Die Natur ist zugrunde gepflegt, der Point of No Return überschritten, aus Übersee schwappt der Strom der Vernichtung nach Europa herüber. DDT-verseuchte Insekten (im Buch fälschlicherweise als TDD bezeichnet) bilden den Anfang, ihnen folgen faustgroße, genetisch veränderte Libellen und Marienkäfer, die mit Vorliebe Jagd auf Menschen machen. Computerfehler verursachen Verkehrschaos, Flugzeugabstürze und Reaktorkatastrophen. Das soziale Gefüge zerbricht - einerseits Vereinsamung, mangelnde Hilfsbereitschaft, Beziehungsunfähigkeit, andererseits Pirayas (Autobahnräuber), Mord, Totschlag. Alle sind betroffen, der "einfache Arbeiter genauso wie der Computerspezialist, der Arzt wie der Familienvater". Der scheinbare Ausweg: Überwinterung im Zeittransportzylinder, den anderen Protagonisten bleiben nur elektrische Fächer und schließlich die Flucht nach Norden.

Dies ist nichts Neues - ungewöhnlich ist allerdings die Herangehensweise bei der Darstellung des Untergangs. Immer wieder werden schon bekannte Motive zitiert - so der Stau auf der Autobahn (Herbert W. Franke Verkehrsstau) oder das Erwachen nach dem Zeittransport (Wolfgang Schilf Heimkehr) - auffällig ist die Konsequenz, mit der Frühauf die kurzzeitig geweckte Hoffnung auf Besserung immer wieder brutal zerstört. Geradezu klassisch die Situation im Autobahnstau - Verbrecher greifen eine Familie an, verletzen den Vater und werden von Bewaffneten aus einem anderen Auto getötet - nur damit diese sich im nächsten Moment als Pirayas und damit noch wesentlich brutalere Mörder erweisen. Oder: die Computerspezialisten Hal und Morten versuchen sich aus dem Gefängnis zu befreien, indem sie Aufruhr anzetteln - um dann nach der Neuinstallation des Computersystems mit den Worten "Wenn Sie unbedingt gehen wollen(!), können Sie gehen" daraus entlassen zu werden. Dementsprechend auch die Schlußepisode: Drei Männer und drei Frauen haben sich gerettet - genug, um eine neue Menschheit zu begründen, doch einer von ihnen hat noch immer die Waffe in der Hand, erneut das Denken in alten Strukturen, erneut der Weg in den Untergang.

Überhaupt arbeitet Frühauf viel mit dem "DDR-Mittel" des Schreibens zwischen den Zeilen, wenn zum Beispiel immer wieder die Autobahn A20 - die Küstenautobahn - eine Rolle spielt. Dann wieder erwähnt er nebenbei die US-amerikanische Befriedung eines Grenzkonfliktes zwischen Ungarn, Rumänien und Bulgarien(!). Durch Bomben-und Raketenteppiche wurden die ehemals blühenden Gebiete in Wüste verwandelt, um die um so erbitterter gekämpft wird. Oder er schildert die verzweifelte Flucht amerikanischer Bürger nach Europa, wo sie von Jagdbombern empfangen werden. Hier wird ein sehr aufmerksames Lesen verlangt, da häufig entscheidende Informationen in Nebensätzen verborgen sind, zumal das Buch sonst ausgesprochen flüssig und gut lesbar geschrieben ist.

Zu bemängeln ist an dem Buch der etwas einfallslose Umschlag, positiv dagegen die Rückbesinnung auf ein ordentliches Buchformat; endlich mal wieder ein Buch, welches nicht in dem unsäglichen A5-Format produziert wurde. Natürlich gibt es einige bedauerliche Rechtschreibfehler, das bereits erwähnte TDD oder "Baywach", welches mit "t" geschrieben wird, sowie gewisse Ungenauigkeiten wie zum Beispiel jene im Kapitel "Nach Norden", wo eine der Protagonistinnen einfach verschwindet.

Insgesamt ist Finale ein empfehlenswertes Buch, wenn man es mag, daß sich ein gerade verschlungenes und scheinbar gut verdautes Buch einige Tage später mit bohrenden Fragen im Hinterkopf wieder meldet...

Rhino-Verlag 1996, 312 Seiten,
ISBN 3-932081-04-8, 19.80 DM
Gerd-Michael Rose