John Barnes
DIE MUTTER ALLER STÜRME
(The Mother of Storms, 1994)

Durch kriegerische Auseinandersetzungen werden die enormen unter der Arktis befindlichen Methanvorräte freigesetzt. Eine ökologische Katastrophe bahnt sich an, denn durch die plötzliche Zufuhr des Treibhausgases braut sich über dem erwärmten Wasser des Pazifik ein Supersturm zusammen, der größer ist als alle bisher dagewesenen. Diese Katastrophe dient als Aufhänger für ein Panorama einer durch XV (die Übertragung von Bildern mitsamt Gedanken und Emotionen) und Politik degenerierten Zivilisation Mitte des nächsten Jahrhunderts, getragen durch mehrere Protagonisten, deren Wege sich im Verlauf des über 700 Seiten starken Wälzers kreuzen.

Die ersten zwei Drittel des Buches sind SF, wie ich sie mag. Menschen im Angesicht einer alles vernichtenden Katastrophe, gefangen in den Zwängen ihres XV-Zeitalters, das dem Autor dazu dient, heutige Entwicklungen (insbesondere in Amerika und im Mediensektor) zu extrapolieren und teilweise zynisch und bitterböse zu kommentieren. Realistisch, ungemein glaubwürdig und mit viel Action. Das letzte Drittel hat mich dagegen ziemlich enttäuscht, da der Autor mit einer ziemlich seltsamen SF-Lösung des Problems aufwartet, welche irgendwie nicht zum übrigen Inhalt des Buches paßt, um darin eingebettet ein noch unglaubwürdigeres Happy End zu präsentieren. Schade, denn alles ist, außer dem etwas holprigen Anfang und dem flauen Ende, ziemlich flüssig geschrieben und enorm packend, auch wenn einige derbe Sexszenen des Buches manch zartbesaiteten Leser vor den Kopf stoßen dürften. Trotzdem ist dieses Buch ohne Zweifel eine der besten Neuerscheinungen der vergangenen Monate, durch und durch gehaltvoll, provozierend und diskussionswürdig. Den Namen dieses Autors sollte man sich merken!

Heyne 060/5422, 735 Seiten, DM 16.90 alekz